
Per Anhalter mit dem Segelboot
Wenn man die Wörter „Hichhiken“ oder „Trampen“ hört, denkt man wohl zuerst daran, an der Straße zu stehen und einen Daumen auszustrecken, in der Hoffnung, mitgenommen zu werden. Wir wollten allerdings dieses Mal nicht von einem Auto oder einem Transporter mitgenommen werden, sondern von einem Segelboot! Das klingt vielleicht verrückt, doch dieser Herausforderung wollten wir uns unbedingt stellen und sehen, ob es tatsächlich möglich ist, einen Lift mit dem Segelboot zu bekommen.
Schon vor einigen Jahren spielten wir mit dem Gedanken, mit einem Segelboot reisen zu wollen. Damals wussten wir noch nicht so recht, wie wir das anstellen wollten. Letztendlich landeten wir auf Langkawi, einer unserer Lieblingsinseln in Malaysia und kamen dort mit vielen Seglern ins Gespräch und der Traum wurde immer greifbarer. Wir erzählen dir im folgenden Abschnitt von drei Wegen, ein Segelboot zu finden!

Welche Möglichkeiten gibt es, Segler zu finden, die dich mitnehmen würden?
1. Blackboard – Hänge deine Anzeige ganz oldschool am Hafen auf
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2. Websites – Hier suchen Kapitäne eine Crew und andersherum
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3. Facebook – Gruppen helfen dir, gefunden zu werden
Mit diesen drei Optionen, findest du dein Segelboot
1. Blackboard – Zettel aufhängen und gefunden werden
An so ziemlich jedem Ort am Meer gibt es einen oder mehrere Häfen. Dazu schauen wir immer auf Google Maps, fahren dann entweder vor Ort zum Hafen und hängen einen Aushang mit einer Beschreibung, einem Foto und unseren Kontakdaten aus. Jeder Hafen hat ein sogenanntes “Blackboard” wo jeder einen Zettel aufhängen darf. Mit etwas Glück liest ein Segler deine Anzeige und kontaktiert dich. Wichtig ist, aufzuschreiben, was du bieten kannst. Wir hatten zum Beispiel noch keinerlei Segelerfahrung, konnten stattdessen aber anbieten zu Kochen oder Wache zu halten und bei handwerklichen Arbeiten zu helfen. Erwähne hier also unbedingt deine Fähigkeiten und mach so auf dich aufmerksam.
2. Websites – für die etwas Erfahreneren unter euch
Du findest im Internet viele Seiten, wie zum Beispiel “findacrew.com”, auf denen Kapitäne Anzeigen schalten können, um Crewmitglieder zu finden. Umgekehrt kannst dich allerdings auch als Crewmember anmelden und nach einem Segeltrip zu bestimmten Destinationen suchen. Auf solchen Seiten hat man die größten Chancen, wenn man Segelerfahrung aufzuweisen hat.
Die meisten Gesuche handeln sich um längere Überfahrten, auf denen Wissen und Hilfe gefragt ist. Der Kapitän ist also darauf angewiesen, dass du weißt, was du zu tun hast. Trotzdem kannst du Glück haben und auch ohne Erfahrung ein Crewmitglied werden, manche Segler suchen einfach nach Gesellschaft oder nach Hilfe beim Kochen oder der Wache.
3. Facebook – unser Weg, einen Segler gefunden zu haben
Eigentlich nutzen wir Facebook nur noch als Geburtstagskalender. Doch gerade auf Reisen kann Facebook ein echter Gamechanger sein! Es gibt für jedes Land, jeden Ort, jedes Anliegen und eben auch für jeden Hafen eine Facebookgruppe. Uns haben solche Gruppen schon sehr oft weitergeholfen, beispielsweise beim Finden eines Motorrads in Vietnam oder dieses Mal beim inserieren einer Anzeige, um mit dem Segelboot mitgenommen zu werden. Wie findest du also die richtige Gruppe? Am besten schaust du vorher auf Google Maps, wie der größte Hafen in deiner Umgebung heißt und versuchst, anhand dessen eine Gruppe zu finden.
Falls das nicht klappt, gibt es meistens Gruppen für Locals und Expats oder auch Tourismus im jeweiligen Ort. Dort kannst du dich erkundigen und um Hilfe bitten. Genau auf diesem Weg haben wir auch die entsprechende Gruppe der Segler gefunden. Am besten schreibst du eine Anzeige mit deinen Fähigkeiten, Charakterzügen und einem Foto und inserierst es in mehreren Gruppen. So maximierst du die Chancen, gefunden zu werden! Bei uns hat es keine 2 Stunden gedauert, bis wir eine Nachricht hatten.
Das sollte deine Anzeige behinhalten:
- ein Foto von dir
- Segelerfahrung (auch wenn du keine hast, sei ehrlich)
- Charakterzüge (die Stimmung an Board muss passen)
- Fähigkeiten (müssen nicht mit dem Segeln zu tun haben)
- Deine Kontaktdaten
- Dein Standort
- Ab wann du bereit bist
Welche Vorbereitungen mussten wir vor dem Segeltrip treffen?
Wir wussten gar nicht, was überhaupt notwendig ist, um einen Trip mit dem Segelboot zu machen. Unser Kapitän erklärte uns, dass wir in Malaysia, unserem derzeitigen Aufenhaltsland, auschecken müssten. Dazu fuhren wir gemeinsam zur Immigration und zum Hafen, um einige Papiere ausfüllen zu lassen.
Je nach dem, in welchem Land du gerade bist, gibt es natürlich unterschiedliche Regelungen. Um von Malaysia nach Thailand zu segeln war es wichtig, dass wir als Passagiere und nicht als Crew auf der Crewliste standen. Würden wir nämlich als Crew in Thailand einreisen, hätten wir eine bestimmte Visa Unterkategorie bekommen, die es uns nicht möglich gemacht hätte, per Landweg weiter zu reisen. Es hätte uns 20.000 Thai Baht gekostet, anderweitig auszureisen und wir wären sozusagen gezwungen gewesen, wieder mit einem Boot als Crew auszureisen. Zum Glück wurden wir noch rechtzeitig informiert und konnten uns als Passagiere eintragen lassen um somit ein ganz normales Touristenvisa zu bekommen.
Vor dem Trip machten wir alle wichtigen Besorgungen. Da wir nicht wussten, wie wir auf den Seegang reagieren würden, haben wir uns mit Medikamenten gegen Seekrankheit eingedeckt. Ingwer soll auch helfen, deshalb kauften wir welchen, um Tee zu kochen.
Wir mussten auch darüber nachdenken, welche Lebensmittel für die nächsten Tage gebraucht werden. Ein Großeinkauf mit genügend Essen ist also absolut wichtig. Wir kauften vor Allem Reis, haltbares Gemüse (Zwiebeln, Tomaten), Spaghetti, Tomatensoße, Cracker und vieles mehr ein. Cracker sind übrigens auch ein guter Snack, um Seekrankheit zu vermeiden.
Beachte unbedingt, dass frische Lebensmittel wie Obst und Gemüse sehr schnell schlecht werden. Wir hatten zum Glück einen Kühlschrank an Board, der uns ermöglichte bis zum 4. Tag Gemüse zu verwenden. Uns war es auch wichtig, zu sehen, wo wir schlafen werden, also besuchten wir unseren Kapitän ein paar Tage vor Abreise auf seinem Boot und konnten uns alles anschauen. Wir nahmen dann die vorhandene Bettwäsche mit und wuschen sie noch vor der Reise.
Dann konnte es auch schon losgehen!


Abenteuer Segeltrip – wie einfach alles schief ging und es doch toll wurde
Nachdem wir alle Erledigungen gemacht haben, war es so weit. Unsere Aufregung stieg und wir verabschiedeten uns von unseren Freunden auf Langkawi. Nachmittags trafen wir uns um alle Einkäufe auf das Boot zu bringen. Wir waren sehr gespannt, wie die Zeit auf der "Firefox" laufen würde, da wir absolut Null Vorstellung hatten, wie es ist, für mehrere Tage auf einem Segelboot zu sein.
Natürlich waren wir auch etwas besorgt, seekrank zu werden, aber wir fühlten uns sicher, da wir Medikamente dabei hatten und wussten, wie wir uns am besten verhalten sollten. Auf den Horizont schauen oder das Steuer übernehmen. Am besten nicht lange in der Kabine aufhalten, da kann einem schnell schlecht werden. Also verbrachten wir die ersten zwei Tage an Board nur an Deck.
Der Wellengang war in den ersten zwei Tagen recht stark und das Boot wackelte von links nach rechts. Wir versuchten unsere Körper mitzubewegen und das Land im Auge zu halten. Abgesehen von ein paar Stunden hochkonzentriertem Starren auf den Horizont, um schlimmeres zu vermeiden, konnten wir uns relativ schnell an das Gewackel gewöhnen.
Am dritten Tag war es sogar möglich, sich drin aufzuhalten, ohne dass uns schlecht wurde. Wir lernten mit der Zeit, auf dem Boot zu leben. Man segelt und kann nebenbei kochen, lesen und all das tun, was man so tun möchte. Dabei wechselten wir uns im 2 Stunden Takt mit Wache halten ab. Der schönste Moment war, als der Motor ausgeschaltet wurde und wir nur vom Wind nach vorne bewegt wurden. Ein tolles Gefühl von Freiheit. Man hörte nur noch das rauschen des Meeres und den Wind in den Segeln. Ganz so ruhig und friedlich sollte es aber nicht bleiben, denn so ziemlich alles, was schief gehen kann, ging schief.
Abgesehen vom Wellengang, hatten wir jedoch schlimmere Probleme. Bereits am ersten Tag riss das Frontsegel und konnte nicht mehr genutzt werden. Wir segelten also nur mit dem Hauptsegel. Als wäre das nicht schlimm genug, fiel der Motor regelmäßig aus und unser Kapitän musste ihn immer wieder im Motorraum reparieren. Wenn gerade kein Wind geht und der Motor nicht funktioniert, treibt man also einfach nur so im Wasser umher. Das ist ein eher ungutes Gefühl und wir hofften einfach, dass er das Problem fixen kann.
Ein gerissenes Segel und ein kaputter Motor – schlimmer kann es ja wohl nicht werden.
Oh doch! Nach und nach versagte die Elektronik. Viele Geräte wie zum Beispiel der Autopilot oder die Anzeige für Windgeschwindigkeit fielen regelmäßig aus und sprangen plötzlich wieder an. Zum Glück war unser Kapitän Ingenieur und konnte alles immer wieder reparieren, sodass wir es dann doch immer zum Ziel geschafft haben.
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Nachts ankerten wir immer um zu schlafen vor kleinen Inseln. Unser erstes Ziel war Koh Lipe. Um vom Boot an Land zu kommen, brauchten wir das kleine Schlauchboot. Wir sind also mit dem Schlauchboot an Land gefahren und das Boot ist einfach durch die Hitze geplatzt! Es klingt echt wie ein schlechter Scherz. Wir versuchten, irgendjemanden zu finden, der das Boot reparieren kann, aber nach zwei Stunden gaben wir auf, es gab auf der kleinen Insel einfach niemanden. Zum Glück waren die thailändischen Bootsfahrer so nett und nahmen uns auf einem ihrer Longtail Boote mit. Sie luden das Schlauchboot gleich auch mit aufs Boot und brachten uns zurück zu Firefox. Nun waren wir also so ziemlich an Board gefangen, denn wir hatten keine Möglichkeit mehr, an Land zu kommen, abgesehen von Schwimmen. Außerdem hatten wir somit kein Rettungsboot mehr.
Am nächsten Morgen ging unsere Reise weiter in Richtung Ko Rok Yai und Ko Rok Noi . Eine 10-stündige Überfahrt stand uns bevor und entgegen Erwartens verging die Zeit wie im Flug. Es ist so schön, einfach den Gedanken freien Lauf lassen zu können, denn viele Stunden verbringt man damit, auf das Meer zu schauen, Hindernisse zu erkennen und zu Umfahren und Essen zuzubereiten.
Angekommen zwischen den zwei Trauminseln, welche von türkisblauem und glasklarem Wasser umgeben waren, befestigten wir das Boot an einer Boye. Wir mussten uns echt kneifen, da dieser Ort so unglaublich schön war. Es gab keine Geräusche, bis auf Zikaden, die in den Bäumen des Dschungels saßen und das Rauschen des Meeres.
Der Sonnenuntergang an diesem Abend war unvergesslich, rot, pink, lila, gelb, alle Farben, die man sich nur vorstellen kann und es war niemand dort, bis auf zwei andere Boote, die auch dort angelegt hatten. Ein wirklich toller Moment. Wir verbrachten den Abend bei leckerem Essen an Deck und schauten uns die Sterne an, denn da wir so weit weg von der nächsten Lichtquelle sind, strahlten sie ganz hell und klar. Wir haben selten einen so schönen Sternenhimmel gesehen!
Die Nacht sollte allerdings nicht so friedlich werden, denn der Wellengang war recht stark und brachte das Boot zum wanken. Also rollten wir im Bett von links nach rechts und das die ganze Nacht. Es bestand die Gefahr, seekrank zu werden, aber durch Ingwertabletten konnten wir Schlimmeres vermeiden und wir kamen mit einem mulmigen Gefühl davon und haben die Nacht ohne Übergeben überstanden.
Am Morgen war das Meer so still, als wäre nie etwas gewesen und wir schauten uns den Sonnenaufgang aus unserer Luke heraus an. An diesem Tag ging die Fahrt weiter nach Koh Lanta, es standen uns weitere 6 Stunden Überfahrt bevor. Das Meer war ruhig und die Fahrt sehr angenehm.
Angekommen vor der Küste Koh Lantas fiel unserem Kapitän das größte Problem auf, dass wir haben sollten. Im Motorraum des Boots gab es ein Leck. Er ging sehr entspannt damit um und meinte, dass nur so viel Wasser eintritt, wie die Pumpen es auch wieder abtragen können. Also kein Grund zur Sorge!
Für uns war es aber trotzdem einer. Unser Bauchgefühl hat uns gesagt, wir sollten jetzt vielleicht lieber von Board gehen und keine lange Überfahrt mehr mitmachen, denn auf diesem Boot ging wirklich eins nach dem anderen kaputt und wer weiß, was sonst noch alles passieren

Wir waren zu diesem Zeitpunkt schon 5 Tage auf dem Segelboot und es war eine super spannende Erfahrung, die wir nicht missen wollen. Wir wissen nun, dass wir es jederzeit wieder versuchen können und dass es uns total Spaß macht, auch wenn es anfangs gar nicht so einfach ist, sich an den Seegang zu gewöhnen. Trotzdem sind wir mit diesem Erlebnis wieder über uns hinausgewachsen und haben Neues dazugelernt, Ängste überwunden und eine zusätzliche Möglichkeit des Reisens für uns entdeckt!
Wir verbrachten einen letzten schönen Abend bei Pasta und Tomatensoße an Board, bedankten uns fürs Mitnehmen, tranken Bier und sprachen über Gott und die Welt. Für den Kapitän war das in Ordnung, denn er hatte den Trip ja auch ganz alleine geplant, trotzdem war er traurig, dass wir gehen, denn wir hatten eine gute Zeit miteinander und konnten ihm unter die Arme greifen. Er meinte, dass er vor Allem Lauras Kochkünste vermissen würde.
Am Morgen mussten wir aber trotz des geplatzten Schlauchbootes unser Gepäck an Land bringen. Also haben wir alles ganz vorsichtig und Stück für Stück mit dem halbwegs sinkenden Bötchen zum Strand gefahren. Erst sind wir zu zweit mit einem Gepäck an Land und dann ist Léo nochmal zurück und der Kapitän hat Léo mit seinem Gepäck rüber geschippert. Léo durfte dann nochmal zum Boot schwimmen, da wir unsere Sandalen auf dem Boot vergessen haben.
Jetzt ist deine Vorstellungskraft gefragt: Stell dir vor du wachst morgens in deinem Resort an der Südküste Koh Lantas auf und willst nach dem Frühstück ein wenig am Strand entspannen. Auf dem Weg zu deiner Liege, siehst du zwei Rucksäcke auf dem Sand liegen und zwei angezogene, aber nasse Leute aus dem Meer kommen. Die einzigen Fußabdrücke die weit und breit zu sehen sind, kommen direkt aus dem Meer.
Was denkst du dir?
Wir haben uns kaputt gelacht und haben uns wie zwei dreckige, gestrandete Backpacker gefühlt, die jetzt wieder auf dem Festland unterwegs sind.
Was hat uns der Segeltrip gekostet?
Für 5 Tage an Board haben wir pro Person nur 30€ ausgegeben. Das waren Kosten für Lebensmittel und Diesel. Da wir ja per Anhalter gefahren sind, mussten wir nichts fürs Übernachten zahlen, sondern haben uns nur die Dieselkosten und Lebensmittelkosten geteilt.

Fazit
Diese Erfahrung war einfach verrückt und einmalig! Wir sind über uns hinausgewachsen, haben unsere Ängste überwunden und haben super viel Neues dazugelernt. Wenn wir irgendwann noch einmal die Chance haben, werden wir es auf jeden Fall nochmal machen.
Würdest du dich auch ohne Erfahrung auf einen Segeltrip begeben? Hat dir dieser Beitrag gefallen? Vielleicht möchtest du dir die dazu passenden Reels auf unserem Instagram Account anschauen.